BGH Beschl. v. 29.11.2013 – BLw 4/12

Problemkreis: Kriterien für die Beurteilung des Wegfalls der Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuches

1. Sachverhalt (verkürzt auf die Beurteilung Hofeigenschaft):
Die Erblasserin erbte 1963 den landwirtschaftlichen Grundbesitz und führte diesen zunächst unter Mitwirkung eines Verwalters fort. 1982 stellte sie den Betrieb ein: Die Flächen und Gebäude wurden an Dritte verpachtet bzw. zu landwirtschaftsfremden Zwecken genutzt. Ein Hofvermerk war eingetragen. Im Jahre 2005 bestimmte sie in einem Testament, dass Kind 1 den „Hof im Sinne der Höfeordnung“ erhalten solle. 2010 verstirbt die Erblasserin.

Die drei Kinder der Erblasserin streiten darum, ob zum Zeitpunkt des Erbfalls noch ein Hof vorlag. Das LwGer. erteilt K1 ein Hoffolgezeugnis.

2. Entscheidungsgründe (verkürzt auf die Beurteilung Hofeigenschaft)
Die Beurteilung der Hofeigenschaft habe objektiv zu erfolgen und könne nicht unterschiedlich nach einem möglichen Hoferben beurteilt werden.

Für die Frage nach dem Bestehen und dem Wegfall der Hofeigenschaft komme es auf die Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Tat­sachen an. Indizien könnten der bauliche Zustand der Hofstelle, die lang an­dauernde Bewirtschaftungsaufgabe durch den Erblasser und dessen Willen, den ehemaligen Hof aufzuteilen, sein (BGH Beschluss vom 26.10.1999 – BLw 2/99)

Ein maßgeblicher Gesichtspunkt sei der Wille des Erblassers, dass von seiner Hofstelle aus nie wieder Landwirtschaft betrieben werden kann oder soll (BGH Beschluss vom 28.09.2000 – BLw 13/00). Ein sol­cher Wille werde ggfs. im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Verhält­nisse indiziert, zumal die auf eine Auflösung des Hofes hinweisenden Um­stände zumeist ohnehin auf dem Willen des Erblassers zurückgingen. Allerdings könne der bloße Wille des Erblassers, seinen Grundbesitz trotz Betriebseinstellung weiter als Hof zu behandeln und nach höfe­recht­lichen Grundsätzen zu vererben, dann nicht entscheidend sein, wenn die Voraussetzungen der Hofeigenschaft nach § 1 HöfeO objektiv ent­fallen seien, wenn also im Zeitpunkt des Erbfalls bei realistischer Be­trach­tungs­weise keine Anhaltspunkte dafür gegeben seien, dass der Be­trieb in Zu­kunft wieder aufgenommen werden könne.

Anmerkung: Der BGH hat den Rechtsstreit an das OLG zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen und über die Hofeigenschaft im konkreten Fall nicht entschieden. Im Anschluss hieran kommt das OLG Oldenburg im abschließenden Beschluss vom 27.05.2014 (Az.: 10 W 22/11) zu dem Ergebnis, dass trotz des eingetragenen Hofvermerks und trotz der Bezeichnung ihres Kindes als Hoferben im Testament auch nach dem Willen der Erblasserin z.Zt. des Erbfalls ein endgültig aufgegebener Hof vorgelegen hat: Demnach kam es nicht mehr darauf an, ob der Hof „wiederangespannt“ werden konnte.