Absicherung des Ehegatten

1. Rechtsstellung des überlebenden Ehegatten nach der Höfeordnung

§ 14 der Höfeordnung befasst sich ausschließlich mit der Rechtsstellung des überlebenden Ehegatten. Regelmäßig steht der Hof im Alleineigentum eines Ehegatten und der andere Ehegatte ist „eingeheiratet“. Eben diesem Ehegatten des Hofeigentümers – häufig dessen Ehefrau – widmet sich diese Vorschrift.

Stirbt der Hofeigentümer (ohne ein Testament bzw. eine letztwillige Verfügung errichtet zu haben), so sieht § 14 Höfeordnung für den überlebenden Ehegatten als eher gesetzliche Auffangregelung folgende Regelungen vor:

  1. Ist der Abkömmling und  Hoferbe zum Zeitpunkt des Erbfalls noch minder­jährig, so steht dem überlebenden Ehegatten das Recht der Verwaltung und Nutznießung am Hof zu bis der Hoferbe das 25. Lebensjahr vollendet (§ 14 Abs. 1 HöfeO).
  2. Der überlebende Ehegatte kann (unter weiteren Voraussetzungen) regelmäßig vom Hoferben auf Lebenszeit „den in solchen Verhältnissen üblichen Altenteil verlangen“ (§ 14 Abs. 2 HöfeO), wenn er u.a. auf eine Abfindung in Geld verzichtet.
  3. Der Hofeigentümer kann dem überlebenden Ehegatten das Recht einräumen (durch Testament), unter seinen Abkömmlingen den Hoferben zu bestimmen (§ 14 Abs. 3 HöfeO).

Stirbt also der Hofeigentümer z.B. in jungen Jahren durch einen Unfall, so ist der überlebende Ehegatte regelmäßig Verwalter des Hofes bis der Hoferbe das 25. Lebensjahr vollendet hat. Anschließend kann der überlebende Ehegatte unter Verzicht auf eigene Abfindungsansprüche den „üblichen Altenteil“ verlangen. Und vor alledem kann ihm (unter Einschränkungen) der Hofeigentümer das Recht zur Bestimmung des Hoferben übertragen.

Dieser gesetzlichen Regelungen sind sich viele Hofeigentümer nicht bewusst. Insbesondere die jungen Hofeigentümer sollten sich dieser Rechtsstellung des Ehegatten bewusst sein und den Ehegatten ggf. in die Frage der Hoferbenbestimmung einbinden.

Vorschlag: Testament errichten!

Bei dieser Gelegenheit sollte dann das Altenteil inhaltlich konkreter be­schrieben werden – z.B: Wohnrecht, wenn ja, welche Räume … –,  damit nicht erst ein Gericht im Streitfall festlegen muss, was zu den in solchen Verhältnissen üblichen Altenteil gehört.

Ebenso kann der Hofeigentümer die Dauer der Verwaltung – 25. Lebensjahr – verlängern, wenn er das für sinnvoll hält.

Bei diesen Regelungen gibt es aber auch Einschränkungen in der Rechtsstellung des überlebenden Ehegatten, insbesondere für den Fall, dass dieser wieder heiratet oder der gesetzliche Hoferbe das 25. Lebensjahr vollendet: Dann nämlich verliert der überlebende Ehegatte sein „Bestimmungsrecht“. Auch das sollte im Bewusstsein der Betroffenen bleiben. Hieran wird deutlich, dass es ein wichtiges Anliegen der HöfeO / des Erbrechts ist, das das Vermögen einer Familie in deren Linie / Familie bleiben soll.

Ob das heute noch so zeitgemäß und sachgerecht ist, muss letztlich der Hofeigentümer für sich entscheiden. Es bleibt jedem Hofeigentümer ja unbenommen, sich über diese gesetzlichen Regelungen im Rahmen des rechtlich Zulässigen hinwegzusetzen und seine Erbfolge aktiv in die Hand zu nehmen: Sinn und Zweck der HöfeO ist nicht die Verhinderung sinnvoller Lösungen im Einzelfall durch aktive eigenverantwortliche Gestaltung, sondern die HöfeO ist als eine „Auffanglösung“ bzw. ein Angebot für den Übergang des Hofes in die nächste Generation zu verstehen.

Beispiel
Der junge Hofeigentümer H ist mit Ehefrau E verheiratet. E ist ausgebildete Industriekauffrau. Die 2 Kinder sind erst 7 und 9 Jahre alt und es ist noch nicht klar, wer von den Kindern den Hof mal fortführt.

Möglichkeit 1
H und E begründen einen Ehegattenhof, so dass E Miteigentümerin des Hofes wird, weil E auf dem Hof arbeitet, z.B. die Direktvermarktung betreibt.

Verstirbt H z.B. durch einen Unfall im Alter von 45 Jahren, so wird seine Ehefrau Hoferbin und ist damit abgesichert und kann ggf. den Hoferben von den Abkömm­lingen frei bestimmen.

Nachteil der Begründung des Ehegattenhofes:
Bevor der Hof auf einen Abkömmling übergeht, kommt es zu zwei Erbfällen und evtl. fällt die Erbschaftsteuer zwei Mal an. Ebenso wären vorab Überlegungen anzustellen, was im Falle einer Scheidung vor dem Erbfall passieren könnte, weil die Ehefrau Miteigentümerin der Hofgrundstücke wird.

Möglichkeit 2
Der junge H macht ein Testament und setzt seine Ehefrau zur Hoferbin ein. H verstirbt später durch einen Unfall. Auf den ersten Blick denkt jeder, eine Hoferbfolge der Ehefrau scheitere doch an der – einmal unterstellten – fehlenden Wirtschaftsfähigkeit.

In § 6 Abs. 6 HöfeO steht zwar, dass grundsätzlich nur eine wirtschaftsfähige Person Hoferbe werden kann: Das gilt aber u.a. nicht in den Fällen, wenn der Ehegatte zum Hoferben bestimmt wird.

E wird demnach Hoferbin und kann dann später den Hoferben nach ihrem Erbfall bestimmen.

Auch hier kommt es bis zum Übergang des Hofes auf den Abkömmling zu zwei Erbfällen, so dass evtl. zwei Mal Erbschaftsteuer zu zahlen wäre – von E und später dem Hoferben / Abkömmling – und ggf. auch zwei Mal Abfindungen an weichende Erben – erst des H und später der E – zu zahlen wären.

Möglichkeit 3 (Vor- u. Nacherbschaft: bitte wenn möglich, vermeiden!!!)
Der junge H macht ein Testament und setzt E zur Vorerbin und den Sohn S zum Nacherben ein, sobald dieser das 25 Lebensjahr erreicht hat.

Diese Lösung ist durchaus vorstellbar. Aus praktischer Sicht mit Risiken einer Vor- und Nacherbschaft behaftet: Ein Erbfall – Tod des H – wird in zwei Teile aufgeteilt – Vorerbschaft und später Nacherbschaft. Zwischen diesen beiden Zeitpunkten können viele Jahre liegen, in denen verschiedene Szenarien denkbar sind. Was soll geschehen, wenn S zum Zeitpunkt der Nacherbschaft als Hoferbe ausscheidet, z.B. verstirbt oder durch einen Unfall gelähmt und deshalb nicht wirtschaftsfähig ist? S ergreift einen Beruf außerhalb der Landwirtschaft und lebt im Ausland, Tochter T dagegen absolviert später eine landwirtschaftliche Lehre und würde den Hof gerne fortführen.

Aus praktischer Sicht halte ich die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft für problematisch und diese Möglichkeit sollte – in den überwiegenden Fällen – vermieden werden: Zwischen Vor- und Nacherbfall kann Vieles passieren, was man bei der Errichtung des Testaments vielleicht nur für Theorie gehalten hat. Sinnvoller kann es dagegen sein, dann E zur Hoferbin zu bestimmen und ihr die Entscheidung über die Hoferbfolge unter den Kindern zu überlassen: Dazu bedarf es dann aber keiner „Beschränkung“ durch eine festgelegte Vor- und Nacherbschaft!

Möglichkeit 4 (Minimallösung )
H errichtet ein Testament und verfügt, dass E ein Altenteil, bestehend aus einem Wohnrecht an z.B. der Wohnung / den Räumen der Wohnung im Erdgeschoß, ein freies Umgangsrecht auf dem Hof (etc.) erhält. E soll, bevor das älteste Kind das 25 Lebensjahr erreicht, den Hoferben bestimmen und zuvor den Hof verwalten.

E soll das Altenteil statt einer Abfindung (und evtl. auch Nachabfindung) vom Hof erhalten oder E soll zusätzlich zum Altenteil eine Abfindung und ggf. auch eine Nachabfindung vom Hof erhalten.

Den hoffreien Nachlass teilt E im Erbfall wie folgt auf: ….

2. Tipps für die Praxis
Regelmäßig erhält der überlebende Ehegatte nach dem Tode des Hofeigentümers eine Witwenrente, die allerdings im Betrag regelmäßig sehr gering ausfällt.

Gerade deshalb wird der überlebende Ehegatte regelmäßig auf ein – inhaltlich ausgestaltetes – Altenteil angewiesen sein.

Wie aus der obigen Darstellung ersichtlich, sieht die Höfeordnung durchaus sinnvolle Regelungen vor, die aber im Einzelfall konkretisiert werden sollten, um Unklarheiten zu beseitigen.

Der Hofeigentümer sollte im Falle eines Testamentes sowie Erbvertrages und erst recht in einem Übergabevertrag das Altenteil des überlebenden Ehegatten regeln bzw. Anordnungen hierfür treffen, um die Rechtsstellung des überlebenden Ehegatten zu stärken bzw. klarzustellen. Das Gesetz kann den konkreten Inhalt eines Altenteils nicht für jeden Einzelfall verbindlich bestimmen, weil Höfe nun mal unterschiedlich groß sind und evtl. auch nicht alle eine eigene und evtl. erforderliche barrierefreie Wohnung für den Altenteiler haben.

Gerade deshalb sollte der Hofeigentümer, der ja seinen Hof kennt, konkretere Regelungen treffen, um einen (Rechts-) Streit hierüber nach seinem Tode zu vermeiden.

Auch der junge Hofeigentümer sollte sich in regelmäßigen Zeitabständen für den Fall eines tödlichen Unfalls mit seinem Erbfall und der Rechtsstellung seines Ehegatten befassen und hierfür zumindest ein handschriftliches Testament errichten. Wegen der vielen Besonderheiten – die hier nicht alle dargestellt werden können, um nicht die Übersichtlichkeit zu gefährden – sollte er zuvor rechtlichen Rat hinzuziehen.

Im Falle eines Übergabevertrages ist aufgrund des Wortlautes des § 17 Abs. 2 HöfeO Folgendes zu beachten:

Überträgt der Hofeigentümer zu seinen Lebzeiten den Hof an einen hoferbenberechtigten Abkömmling, so gilt zugunsten der anderen Abkömmlinge der Erbfall hinsichtlich des Hofes als eingetreten: Der Ehegatte des Hofeigentümers ist demnach nicht genannt.

Überträgt der Hofeigentümer zu seinen Lebzeiten seinen Hof, so stehen seinem Ehegatten Ansprüche auf Nachabfindung (§ 13 HöfeO) erst nach dem Tode des Hofübergebers zu: Das hat das OLG Celle unter Hinweis auf den ausdrücklichen Wortlaut des § 17 Abs. 2 HöfeO bestätigt (Beschluss vom 16.06.2008, Az. 7 W 109/07; rechtskräftig gemäß BGH Beschluss vom 9.10.2008 zu Az. BLw 15/08).

Was das OLG Celle und der BGH zu den Ansprüchen des überlebenden Ehegattenausdrücklich zu den Nachabfindungsansprüchen des Ehegatten des Hofübergebers entschieden hat, dürfte ebenso für den prinzipiell auch bestehenden Abfindungsanspruch des Ehegatten nach § 12 HöfeO gelten. Das hat allerdings für die Praxis regelmäßig keine Bedeutung, weil der überlebende Ehegatte regelmäßig am Abschluss des Hofübergabevertrages beteiligt ist und dann statt einer Abfindung regelmäßig ein Altenteil erhält: So jedenfalls sollte es im Übergabevertrag auch ausdrücklich klargestellt sein, wenn das so gewollt ist.

Im Hinblick auf Nachabfindungsansprüche mag dem Ehegatten des Hofübergebers das "ungerecht" erscheinen und es stellt sich in der Tat die Frage nach einem sachlichen Grund einer solchen "Benachteiligung".  Das entspricht aber nun einmal dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes.

Eine "Korrektur" dieser Benachteiligung des Ehegatten des Hofübergebers durch den Wortlaut des Gesetzes könnte durch eine Vereinbarung im Übergabevertrag herbeigeführt werden, nach der dem Ehegatten auch vor dem Tode des Hofübergebers ein solcher Nachabfindungsanspruch bereits zusteht.

In der Praxis scheint diese Situation – nachabfindungspflichtige Veräußerungen oder Nutzungen des Hofübernehmers zu Lebzeiten des Hofübergebers – wohl (noch) selten vorzukommen.

Verfasser / © RA Dr. Jobst-Ulrich Lange
Stand: 10/2008 – 11/2012